8. Juli 2021
Klippo – ein sicherer Hafen für Kinder
In 60 Geschäften und Einrichtungen finden Mädchen und Jungen im Notfall Hilfe
Kinder an die Macht.“ Das forderte Herbert Grönemeyer schon 1986. Im Januar dieses Jahres hat nun die Bundesregierung beschlossen, die Kinderrechte explizit im Grundgesetz zu verankern. Damit soll verdeutlicht werden, welch hohe Bedeutung Kindern und ihren Rechten in unserer Gesellschaft zukommt. Denn sie sind ein Garant für eine stabile Zukunft und gleichzeitig besonders schutzbedürftig.
In Wilhelmshaven ist man sich dessen schon seit langem bewusst. Vor rund sechs Jahren wurde an der Jade das sogenannte Klippo-Projekt ins Leben gerufen. Eine Gemeinschaftsaktion der Kiwanis Damen, des Vereins zur Förderung der kommunalen Prävention (VKP), der Polizeiinspektion Wilhelmshaven/Friesland und des
Jugendamtes der Stadt. Erklärtes Ziel ist es, den Kindern durch den gelben Klippo-Aufkleber auf dem Weg zur Schule, dem Nachhauseweg oder beim Bummeln durch die City ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. So haben sie in kritischen Momenten eine vertrauenswürdige Anlaufstelle in ihrer Nähe. Mittlerweile hängt das Erkennungsmerkmal an den Schaufenstern und Türen von rund 60 Geschäften und selbstverständlich auch am Hauptgebäude von GEW Wilhelmshaven in der Nahestraße 6 sowie am Info-Zentrum in der Rheinstraße 52.
Eine starke Gemeinschaft
Abgeleitet von dem gleichnamigen Fangspiel garantieren die Mitglieder der Kampagne den Kindern einen sicheren Zufluchtsort. „Hier bekommen die Mädchen und Jungen Schutz und Hilfe, wenn sie Angst haben oder sich bedroht fühlen“, betont Vanessa Bartelt-Kapustin, Geschäftsführerin des VKP. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des teilnehmenden Einzelhandels sowie der kooperierenden Institutionen und Einrichtungen sind vorab durch die Polizeiinspektion Wilhelmshaven/Friesland und den VKP instruiert worden: „Deshalb wissen sie ganz genau, wie sie in solchen Situationen mit einem verängstigten Kind oder Jugendlichen umgehen müssen. Dazu gehört, dass sie im Notfall die Erziehungsberechtigten oder direkt die Polizei anrufen.“
Von der Theorie zur Praxis
Noch gut kann sich Marc Ewering vom Spielzeugfachgeschäft Dannmann in der Marktstraße 81 an den Tag erinnern, als er auf dieses Wissen zurückgreifen musste: „Eine Grundschülerin stand plötzlich bei uns im Laden, weil sie sich von einem Mann mit Hund verfolgt fühlte.“ Während das Mädchen von seinen Mitarbeiterinnen fürsorglich betreut wurde, sprach der Geschäftsführer den Mann an, der mit seinem Vierbeiner vor dem Schaufenster herumlungerte. Er suchte daraufhin das Weite. „Die Polizei konnte ihn jedoch später ausfindig machen und seine Personalien aufnehmen. Sein Verhalten steht jetzt in seinen Akten“, erläutert der 44-Jährige.
Ende gut, alles gut. Die Schülerin wurde wohlbehalten in die Hände ihrer Eltern übergeben: „Sie können sich sicher vorstellen, wie dankbar und erleichtert sie waren.“ Er selbst sei ebenfalls unwahrscheinlich begeistert davon, wie einfühlsam die zuständigen Beamten mit dem Kind umgegangen seien, so Marc Ewering. Dass zu diesem Einsatz eine Frau und ein Mann geschickt worden sind, hat ihm dabei ausgesprochen gut gefallen. Und nicht nur das: „Auf das beherzte Eingreifen meiner Mitarbeiterinnen bin ich wahnsinnig stolz.“
Wie wichtig Initiativen wie Klippo sind, geht aus einer Auswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik zu kindlichen Gewaltopfern hervor. In der Bundesrepublik sind im vergangenen Jahr 112 Kinder vorsätzlich oder fahrlässig getötet worden oder an den Folgen von schwerer Körperverletzung gestorben. Im Bereich Misshandlung wurden 4.055 Fälle registriert. Die Zahl beim sogenannten sexuellen Missbrauch ist gegenüber dem Vorjahr um 8,96 Prozent auf 15.936 Fälle angestiegen. Die der Vergewaltigungen sogar um 19,9 Prozent.
Vor dem Hintergrund dieser beängstigenden Einwicklung würden sich die Klippo-Initiatoren freuen, wenn weitere Geschäfte und Einrichtungen dieses Projekt unterstützen würden. „Diesbezüglich müssen wir alle an einem Strang ziehen. Nur als Team können wir Wilhelmshaven zu einem sicheren Hafen für unsere Kinder machen“, unterstreicht Vanessa Bartelt-Kapustin.